Tag 6 – Richtung Harz

Am Morgen auf dem Campingplatz spricht mich meine Zeltnachbarin an – sie ist neugierig auf meine Reise. Wir kommen ins Gespräch. Sie schwärmt von Dänemark, ihrem Lieblingsziel. In ein paar Tagen wird sie mit ihrem Wohnwagen dort sein. Vielleicht kreuzen sich ja unsere Wege dort mal wieder?

Um 9 Uhr starte ich in die nächste Tagesetappe – heute geht es Richtung Harz. Das Wetter hat sich kaum verändert: Der Wind ist geblieben, aber die Wolken sind dichter geworden. Doch der Anfang macht Freude: Die Strecke ist flach. Endlich mal rollen lassen, ohne kämpfen zu müssen. Ein kleiner Luxus nach all den Höhenmetern der letzten Tage.

Mit der Zeit spüre ich meine Sitzfläche immer deutlicher. Auch ein gut eingefahrener Brooks-Sattel schützt nicht vor dem unvermeidlichen: Irgendwann tut’s einfach weh. Je länger der Tag, desto schwieriger wird es, eine bequeme Position zu finden – oder überhaupt noch eine. Am Nachmittag wird mir klar: Das geplante Campingziel werde ich heute nicht mehr erreichen. Der Körper setzt Grenzen, und heute höre ich besser auf ihn.

Um 18 Uhr beginne ich, nach einem Hotel zu suchen – möglichst nah an meiner Route. Ich habe Glück: In Nordhausen finde ich ein Hotel fast direkt an der Strecke, und es hat sogar noch ein Zimmer frei. Ohne lange zu überlegen, buche ich es. Kurz nach 19 Uhr bin ich dort. Manchmal ist ein richtiges Bett einfach die beste Entscheidung.

Es ist eines dieser voll „automatischen“ Hotels, bei denen alles ohne Personal und nur übers Internet läuft – keine Rezeption, kein Zimmerschlüssel. Das ist eigentlich nicht so mein Ding. Ich mag es lieber persönlich.

Aber immerhin: Ich bekomme meinen Öffnungscode schnell, und alles läuft reibungslos. Mein Zimmer liegt im Erdgeschoss, barrierefrei – praktisch. Und das Beste: Mein Fahrrad darf heute mit mir im Zimmer schlafen. Nach so einem Tag haben wir uns beide ein bisschen Komfort verdient.

Es ist der sechste Tag meiner Reise. Und wenn ich mir schon keinen Pausentag gönne, dann wenigstens eine Nacht im Hotel. Ich bin noch nicht ganz verwildert – und genieße das Badezimmer, das nur mir gehört und direkt nebenan liegt.

Kein Duschmünzautomat, kein Warten, kein kalter Wind im Nacken. Ein kleines Stück Zivilisation – und genau das, was ich heute gebraucht habe.