Tag 3 – Richtung Erfurt
Heute geht es Richtung Erfurt. Natürlich werde ich nicht die ganze Strecke bis Erfurt fahren, von Nürnberg bis dorthin sind es über 240 km. Etwa auf halbe Strecke, in Seßlach, liegt ein Campingplatz, den ich heute erreichen möchte.
Kurz nach 10 Uhr geht’s los. Die Radwege in Nürnberg sind wirklich gut ausgebaut, man kommt problemlos ins Zentrum, ohne sich durch den Autoverkehr kämpfen zu müssen. Ein entspannter Start in den Tag.


Die Temperatur liegt bei 12 Grad – nicht gerade warm. Vielleicht ein kleiner Vorgeschmack auf das, was mich in Skandinavien erwartet? Meine Zehen frieren in den Trekkingsandalen, also ziehe ich die Neoprengamaschen drüber. Immerhin besser als weiße Socken.

Über mir spannt sich der weiß-blaue bayerische Himmel, fast schon kitschig schön. Die Strecke ist zwar relativ flach, aber ich muss ständig mit dem Gegenwind kämpfen. In gebückter Position schaffe ich es gerade so auf etwa 17 km/h. Zwei Damen auf E-Bikes fahren an mir vorbei und, völlig entspannt, unterhalten sich über Urlaubspläne. Ich versuche mich in den Windschatten einer der Damen zu hängen. Ein kurzer Hoffnungsschimmer – doch ich kann das Tempo nicht halten.
Die E-Bike Fahrer wissen heute gar nicht mehr, was Windschatten ist. Sie brauchen ihn nicht. Ich hingegen hätte ihn dringend nötig gehabt.
Ab dem 70. km merke ich, dass ich mich eigentlich ganz gut fühle. Überraschend gut sogar. Es ist der dritte Tag und normalerweise ist es der kritische. Aber vielleicht habe ich das Schlimmste schon hinter mir. Vielleicht habe ich an den ersten beiden Tagen schon genug gelitten, und die Krise ist bereits durch?
Zwischen Bamberg und Coburg gibt es endlich einen Rastplatz, ein Tisch und zwei Bänke, nichts Besonderes, aber genau das, was ich jetzt brauche. Es ist gerade 18 Uhr, die Zeit, etwas zu essen und neue Energie zu tanken.

Heute wird es eine klare Suppe, reichlich gefüllt mit vielen Fadennudeln, serviert. Verfeinert wird sie mit einem Schuss extra nativem Olivenöl und frisch gemahlenem Pfeffer. Einfach lecker 😋. Man muss mit dem zufrieden sein, was man zur Verfügung hat – und daraus das Beste zu machen.

Am Campingplatz komme ich kurz nach 20 Uhr an. Heute sind es 112 km – eine ordentliche Etappe.


Die Anmeldung ist nicht mehr besetzt, aber es hängt eine Telefonnummer aus, um den Platzwart zu erreichen. Ich rufe an – und kurz darauf saust er auch schon auf einem E-Scooter heran.
Ich bekomme einen Platz für mein Zelt zugewiesen. Der kostet nicht viel, leider erwähnt der Platzwart nicht, dass man Münzen für die warme Dusche braucht. Und natürlich habe ich keine dabei. Also bleibt es bei einer klassischen „Katzenwäsche“ mit dem Waschlappen. Immerhin: In der Küche gibt es warmes Wasser – so kann ich mir wenigstens die Zähne komfortabel putzen.